Offener Brief an FWG zur Entscheidung Heizungsanlage

22. September 2020

Liebe Freundinnen und Freunde von der FWG,

in Eurem Bericht über die Gemeinderatssitzung vom 19.08.2020 rechtfertigt Ihr Eure Entscheidung für eine Gasheizung (Blockheizkraftwerk) für Schule, Hort, Schwimm-bad und Turnhalle damit, diese sei von Euren Gemeinderäten/Innen „wohl überlegt“ getroffen worden sei.

Die Auseinandersetzung mit den Argumenten, die zu dieser Entscheidung geführt haben, begründet erhebliche Zweifel, ob das wirklich alles bis in die letzte Konsequenz durchdacht war oder Ihr euch nicht nur für die Sache der CSU stark gemacht habt, für die – jedenfalls nach den Ausführungen von Herrn GR Kruschina - bei der Vergabe von Aufträgen Umweltschutz nicht vor Wirtschaftlichkeit steht (eine Auffassung, die man haben kann, die aber von uns ganz grundsätzlich nicht geteilt wird). Denn als Hauptargument gegen eine Hackschnitzel (oder Pellets-) Heizung beruft auch Ihr euch vor allem auf Kostengründe. Die CSU spricht dabei von einem Kostennachteil von 200.000.-- €.

Wenn man solche Behauptungen aufstellt oder unterstützt, müssen sie aber auch stimmen!

Der behauptete Kostennachteil wird auf ein Gutachten aus dem Jahre 2018 gestützt, wonach von der Gesamtinvestition i.H.v. von ca.1 Mio. € „nur ein Teilbetrag von ca. 260.000.--€ förderfähig wäre. Konsequenz: der erreichbare Förderbetrag belaufe sich auf ca. 90.000.-- € und damit nur ca. 10% der Gesamtinvestitionssumme.

Nun beruht diese Annahme aber auf der Fördersituation von 2018. Hättet Ihr - was wir Euch mehrmals an Herz gelegt hatten – das seit dem 1.1.2020 in Kraft getretene „Förderprogramm für das Heizen mit erneuerbaren Energien“ geprüft, hättet ihr bei Euren Überlegungen folgendes aus diesem Programm zu den förderfähigen Kosten zur Kenntnis nehmen können:

„Als förderfähige Investitionskosten gelten grundsätzlich die Anschaffungskosten des geförderten Wärmeerzeugers, die Kosten für Installation und Inbetriebnahme sowie die Kosten der erforderlichen Umfeldmaßnahmen.“ (Zitat Förderprogramm der BAfA)

Die einfache rechnerische Konsequenz hieraus wären für unser Projekt bei einer an-genommenen Investitionssumme von 1 Mio. € Fördermittel von 350.000.-- € an Stelle der von Euch behaupteten 90.000.-- € gewesen. Das ist kein „Pappenstiel“ und die Differenz von rund 260.000.-- € wäre nun jeden Anlass wert gewesen, die ganze Entscheidung nochmal neu zu überprüfen und erst dann zu entscheiden (wie wir es beantragt hatten!).

Eine kleine Recherche im Internet oder ein kurzes Telefonat mit dem Umweltbeauftragten des LRA Aschaffenburg hätte Euch hierüber Klarheit verschaffen können. Dies zu unterlassen war jedenfalls nach unserer Überzeugung keineswegs „wohl überlegt“.

Dies umso mehr, weil Ihr auch die Einführung der CO2 Steuer ab 2021 nicht mit in eure Überlegungen einbezogen habt. Diese hätten nämlich ohne Weiteres folgendes ergeben:

Bei einem Zielwert für 2025 von 60.-- € je Tonne CO2 und einer angenommenen konstanten Laufzeit der Heizung von 20 Jahren (was eher unwahrscheinlich ist), kämen weitere 200.000 € Kostenvorteil der Hackschnitzelheizung gegenüber der Gasheizung ,die die im gleichen Zeitraum ca. 3200 Tonnen (!!!) Kohlendioxid emittiert, hinzu.

Die anderen technischen Einwände wie bauliche Veränderungen, Platz für Speicher und Lagerung der Hackschnitzel haben wir zu keinem Zeitpunkt als Problempunkte negiert; bei gemeinsamer Anstrengung wären sie aber lösbar gewesen wären, wenn man das nur gewollt hätte.

Und schließlich hätte schon die bloße Rückfrage, besser noch ein kurzer Besuch (z. B. in Großostheim, wo man eine entsprechende Anlage seit 2004 erfolgreich betreibt!) gezeigt, dass die behaupteten zusätzlichen Personalkosten – laut CSU „Rund-um-Betreuung-24/7“ - zur Betreuung der Heizung sich in der Realität in mehr als über-schaubaren Grenzen halten.

Wer etwas nicht will sucht Gründe, wer etwas will sucht Wege.

Dabei hatten wir von der SPD ja nicht einmal den Antrag gestellt, eine Hackschnitzelheizung zu bauen. Vielmehr hatten wir lediglich beantragt, die Entscheidung im Lichte neuer Entwicklungen, insbesondere wirtschaftlicher Natur, die ja nach Auffassung der CSU, der Ihr euch leider angeschlossen habt, die gewichtigere Bedeutung haben, noch mal zu überprüfen. Aber selbst dazu konntet Ihr Euch nicht durchringen.

Vielmehr habt Ihr in einem bedenklichen Eilverfahren ohne Not mit der CSU eine Entscheidung getroffen, die

  • ökologisch ein Armutszeugnis für unser Gemeinde ist (wir blasen jährlich 160 to CO2 in die Luft, obwohl wir es nicht müssten
  • ökonomisch eine glatte Fehlentscheidung ist, da der von der CSU ermittelte angebliche Kostennachteil der Hackschnitzelheizung von 200.000.-- € sich bei sorgfältigerer Überprüfung in einen Kostenvorteil von ca. 200.000.-- € verwandelt und
  • technisch einfallslos ist, weil sie unterstellt, es gäbe für Speicher und Lager nur Lösungen „rund um das Schulhaus“.

Die Gesamtschau der Tatsachen führt nach unserer Auffassung zu der zwingenden Schlussfolgerung, dass diese Entscheidung entgegen Eurer Auffassung jedenfalls eines nicht war, nämlich: Wohl überlegt!

Ingo Adams hat an Bernd Oppenrieder per Email auf unseren Beitrag geantwortet. Wir haben die Mail als sehr konstruktiv empfunden

Hallo Bernd,

vielen Dank für Deine Nachricht. Ich bin nach wie vor überzeugt, eine richtige und nachvollziehbare Entscheidung getroffen zu haben (wg. Stickoxidausstoß, Feinstaub, Platzmangel und Investitionssumme). Allerdings kann man gerne Deine Argumente, jedes für sich, noch einmal einer gewissenhaften und sorgfältigen Prüfung unterziehen.

Das würde ich dann auch gar nicht als "Nachkarten" ansehen. Tatsache ist, dass Ihr Eure Argumente niemals klipp und klar aufgeführt und erläutert habt. Da fehlte der Gegenpol zu Jürgens Grossmanns Ausführungen. Insofern war es doppelt schade, dass zu der entscheidenden Sitzung weder Du noch Bodo Leiblein anwesend waren. Was habe ich gelernt? Ich brauche das nächste Mal bessere Informationen und beide Blickwinkel. Bei diesem Thema bin ich erst dazu gekommen, als drei Viertel der Entscheidungsfindung schon absolviert waren.

Und das nächste Mal sollten wir alle zusammenarbeiten, um ohne Verbissenheit und übertriebene Emotionen einfach nur die beste Entscheidung für Haibach zu finden - basierend alleine auf umfassenden Fakten.

Ich weiß ja nicht, über welches Medium Ihr Euren offenen Brief verbreiten wollt. Ich habe da überhaupt kein Problem mit, so etwas dient einer lebhaften und offenen Diskussion, die ich mir für die kommenden fünfeinhalb Jahre wünsche. Dabei kannst Du diesen Brief gerne als meine ganz persönliche Meinung dazu stellen. Sozusagen als "Gastbeitrag".

Ingo Adams

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